30.8.2024 – Das Kantonsgericht Neuenburg hat ein wegweisendes Urteil bezüglich der Anrechnung von Erziehungsgutschriften bei AHV-Renten gefällt. Gemäss diesem Entscheid sollen die Erziehungsgutschriften vollständig der Person zugutekommen, die ihr Arbeitspensum zugunsten der Kinderbetreuung reduziert hat.
Ausgangspunkt des Urteils war eine Beschwerde von Philippe Gnaegi, Direktor von Pro Familia Schweiz. Er wandte sich gegen die bisherige Praxis, nach der die Erziehungsgutschriften gemäss AHVG zwischen den Ehepartnern hälftig aufgeteilt werden, sobald einer von ihnen das Rentenalter erreicht. Gnaegi argumentierte, dass diese Regelung diskriminierend sei, da seine Ehefrau finanzielle Einbussen durch die Reduzierung ihres Arbeitspensums hinnehmen musste, während er weiterhin voll erwerbstätig blieb.
Das Gericht gab Gnaegi Recht und entschied, dass seine Frau bis zum Erreichen des Rentenalters beider Elternteile die gesamten Erziehungsgutschriften erhalten soll. Pro Familia Schweiz begrüsste dieses Urteil und bezeichnete es als bedeutenden Schritt in Richtung Gleichstellung. Der Verband betonte, dass dieser Entscheid zahlreiche Altersrenten in der Schweiz beeinflussen und dazu beitragen wird, dass Personen, die für die Kinderbetreuung ihr Arbeitspensum reduziert haben, nicht länger benachteiligt werden.
Das Gericht erkannte in der bisherigen hälftigen Aufteilung eine mögliche indirekte Diskriminierung, insbesondere von Frauen, die häufiger ihre Berufstätigkeit zugunsten der Familienarbeit einschränken. Unterstützt wird diese Einschätzung durch den AHV-Jahresbericht 2023, der nach wie vor erhebliche Unterschiede zwischen den Renten von verheirateten Männern und Frauen mit Kindern aufzeigt. Demnach erhalten Frauen durchschnittlich 1’574 Franken, während Männer auf 2’047 Franken kommen, wenn der Partner noch keinen Rentenanspruch hat und das Splitting somit noch nicht wirksam ist.
Dieses Urteil könnte nun als Präzedenzfall dienen und dazu beitragen, die Rentensituation vieler Familien in der Schweiz gerechter zu gestalten.
Quelle: Cash.ch
Wir haben beim BSV nachgefragt, wie sich dies nun auf die Praxis auswirken wird. Hier die Antwort des BSV:
Beim erwähnten Urteil handelt es sich um einen Entscheid des Neuenburger Versicherungsgerichts, also einer kantonalen Instanz. Das Urteil wurde an das Bundesgericht weitergezogen, weshalb es noch nicht rechtskräftig ist. Bei der Anrechnung der Erziehungsgutschriften sind wie bisher die geltenden Regelungen anwendbar.