Urteil mit Sprengkraft zu LIBOR-Hypotheken

27.4.2021 – Gestern publizierte die NZZ einen Artikel über ein neueres Gerichtsurteil des Obergerichts Zürich, welche den Banken die Grundlage für eine jahrelange Praxis entzieht. Tausende von Kunden hätten diesem Urteil zu Folge Anrecht auf die Rückerstattung von zuviel bezahlten Hypothekarzinsen aus LIBOR-Hypotheken. Worum geht es?

Vor einigen Jahren rutschte der LIBOR-Zinssatz in Schweizerfranken in den Minusbereich. Damals war eine übliche Regelung in Hypothekenverträge die folgende Zinskalkulation: LIBOR-Satz plus Marge der Bank. Solange der LIBOR-Satz im positiven Bereich lag, war die Sache klar. War zum Beispiel eine Bankmarge von 0,75% vereinbart und der LIBOR notierte bei 0,25% so ergab sich ein Kundenzinssatz von 1%. Als die LIBOR-Sätze ins Minus rutschten stellten sich die Banken auf den Standpunkt, dass die Bankmarge nicht auf der Basis des negativen Zinssatzes sondern von 0 aus zu berechnen sei (Mindestbasissatz). Was ist korrekt?

  • LIBOR -0,75% + Bankmarge 0,75% = 0%?
  • LIBOR -0,75%; dann aber Kalkulation der Bank Mindestsatz 0% + Bankmarge 0,75% = 0,75%?

Gemäss dem Urteil des Obergerichts in Zürich gilt die Formel „LIBOR + Bankmarge“ solange nichts anderes vereinbart worden ist. Dies führt somit gemäss den obigen kurzen Zahlenbeispielen zu einem Kundenzinssatz von 0%. Erst wenn eine neue Vereinbarung getroffen wurde (sei es mit einem neuen Rahmen- oder Kreditvertrag oder einer separaten Vereinbarung, die beide Parteien anerkannt haben) darf die Bank von 0% aus die Marge hinzuzählen.

Im konkreten Fall bestand die Bank darauf im Recht zu sein (= von 0% aus zu rechnen), da die Änderung der Kalkulation den Kunden in einem Bestätigungsschreiben bereits im Jahre 2015 mitgeteilt worden ist. Ein solches (einseitiges) Bestätigungsschreiben gilt aber für das Obergericht Zürich nicht als separate Vereinbarung und ist daher nicht gültig. Da das Obergericht Zürich den Bestätigungsschreiben den Charaker einer vertraglichen Vereinbarung aberkenne, müssten die Banken grundsätzlich in jedem Einzelfall nachweisen, dass mittels einer separaten Vereinbarung oder einem neuen Rahmenvertrag / Kreditvertrag ein Basiszins von mindestens 0% vereinbart worden ist. Andernfalls muss die Marge zum effektiven, negativen LIBOR-Zinssatz hinzugerechnet werden.

Betroffen sind in der Praxis LIBOR-Verträge, die vor 2015 bereits bestanden und bei denen keine neue Vereinbarung (oder erst mit der Zeit) bezüglich dem Mindestbasissatz getroffen wurde.

Auf die Banken könnten einige Forderungen einprasseln und es ist gut möglich, dass der ganze Fall noch vor Bundesgericht landet.