16.10.2025 – Im Rahmen der nächsten AHV-Revision prüft der Bundesrat, ob hohe Dividenden künftig teilweise als Lohn gelten sollen. Ziel ist es, die Ausfälle bei den AHV-Beiträgen zu reduzieren, die entstehen, wenn sich Unternehmer Dividenden statt Lohn auszahlen.
Auslöser ist ein Postulat der Ständerätin Eva Herzog (SP/BS), in dem der Bundesrat aufgefordert wird, die Auswirkungen der Unternehmenssteuerreformen von 2009 und 2020 auf die Sozialversicherungsbeiträge zu analysieren. Durch diese Reformen wurde die Steuerbelastung von Dividenden gesenkt, wodurch sich der Anreiz erhöht hat, Gewinne als Dividenden statt als Lohn auszuschütten.
Löhne unterliegen Sozialversicherungsbeiträgen, Dividenden dagegen nicht, was für Unternehmer steuerlich attraktiv ist, die AHV-Einnahmen jedoch schmälert. Laut Bundesrat führte die vermehrte Gründung von Kapitalgesellschaften im Jahr 2018 zu einem AHV-Beitragsausfall von rund 182 Millionen CHF.
Zudem melden Ausgleichskassen regelmässig Missbrauchsfälle, bei denen Unternehmer ihre Vergütung so gestalten, dass AHV-Beiträge umgangen werden.
Der Bundesrat will nun prüfen, ob eine gesetzliche Anpassung notwendig ist, um übermässig hohe Dividenden teilweise als beitragspflichtigen Lohn zu behandeln.
Was waren die Gründe für diese Steuerreformen?
Mit der Unternehmenssteuerreform (2009) wurde eine Doppelbesteuerung beseitigt, durch die viele Unternehmer und Unternehmerinnen eine überhöhte Steuerbelastung erfahren hatten. Vor der Unternehmenssteuerreform wurden Dividenden vollständig im Einkommen der steuerpflichtigen Person besteuert. Da auf Unternehmensebene bereits Gewinnsteuern auf demselben Gewinnsubstrat abzuliefern sind, resultierte eine sehr hohe Steuerbelastung. Dividendenzahlungen aus qualifizierten Beteiligungen (mehr als 10 % Beteiligung am Kapital einer GmbH oder AG) werden seither nur noch zu 50 % bis 80 % teilbesteuert (Bund 70 %, Kantone unterschiedlich). Bezieht eine Unternehmerin eine Dividende von 100 000 CHF, so landen somit für die direkte Bundessteuer 70 000 CHF und für die kantonale Steuer 50 000 bis 80 000 CHF als Einkommen in der Steuererklärung – je nach Wohnort.
Heutige Regelung aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht
An der sozialversicherungsrechtlichen Erfassung hat sich dabei nichts geändert. Dividenden sind und waren Gewinnausschüttungen und kein Erwerbseinkommen. Somit sind sie von der Beitragspflicht befreit. Durch die Unternehmenssteuerreform wurde der Bezug von Dividenden statt von Löhnen aber finanziell interessanter, da die Steuerbelastung gesenkt wurde.
Aus diversen Presseartikeln könnte man schliessen, dass Unternehmer*innen heute völlig frei über die Einteilung ihrer Bezüge in Lohn und Dividende entscheiden können. Doch ganz so einfach ist es nicht. Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) führt eine Wegleitung „über den massgebenden Lohn in der AHV, IV und EO (WML)” (https://sozialversicherungen.admin.ch/de/d/6944/download?version=14). Die aktuelle Ausgabe datiert vom 1. Januar 2019.
Unter Ziffer 3.1.2 sind Bestimmungen aufgeführt, die es den Ausgleichskassen bereits heute ermöglichen, gegen überhöhte Dividenden vorzugehen. Insbesondere müssen Unternehmer*innen einen branchenüblichen Lohn beziehen. Dieser kann im Lohnrechner des Bundesamts für Statistik (https://www.salarium.bfs.admin.ch/disclaimer) ermittelt werden. Zudem hat das Bundesgericht bereits einzelne Fälle beurteilt. Allerdings muss eine Ausgleichskasse von sich aus aktiv werden.